Als am 28. März die Erschütterungen eines 7,7‑Starken Erdbebens aus Myanmar bis nach Bangkok reichten, hielt nur ein Gebäude dem Beben nicht stand: das im Bau befindliche Hauptquartier des thailändischen Rechnungshofs. Der 30-stöckige Komplex stürzte in einer sogenannten “Pancake”-Art zusammen — die Stockwerke brachen senkrecht aufeinander und hinterließen einen gigantischen Trümmerberg. Über 100 Menschen, meist Bauarbeiter, wurden unter den Betonmassen begraben. Bis zum 26. April bargen Rettungskräfte 60 Leichen und neun Überlebende, während 41 Personen weiterhin vermisst werden.
Chinesische Baumaterialien und Designänderungen im Fokus
Die Ermittler konzentrieren sich auf mögliche Konstruktionsfehler, insbesondere auf die verwendeten chinesischen Baumaterialien und nachträgliche Designänderungen. Das 2,13-Milliarden-Baht-Projekt wurde 2020 an das Joint Venture ITD-CREC vergeben, eine Partnerschaft zwischen dem thailändischen Bauunternehmen Italian-Thai Development und der chinesischen Staatsfirma China Railway Number 10. Letztere gehört zur China Railway Engineering Corporation (CREC), einem der größten Baukonzerne der Welt.
Experten wie Wang Kuo-Chen vom Chung-Hua Institut für Wirtschaftsforschung in Taiwan sehen im platten Zusammenbruch des Gebäudes ein klassisches Anzeichen für Pfusch am Bau: “Es wurde pulverisiert, anstatt zur Seite zu kippen — ein klares Zeichen für minderwertige Materialien und Kostenoptimierung.” Auch China-Experte David Zhang bestätigt diesen Verdacht: “Es gab keinerlei strukturellen Widerstand. Das Gebäude ist einfach in sich zusammengefallen.”
“Tofu-Dregs-Projekt”: Ein Begriff mit politischer Sprengkraft
In Thailand hat sich inzwischen der abfällige Spitzname “Tofu-Dregs-Building” durchgesetzt — eine Anspielung auf chinesische Bauprojekte, die aufgrund von Korruption und laschen Standards kaum mehr Stabilität als Tofu-Abfall bieten. Der Begriff ist politisch brisant, da er implizit die Verantwortung chinesischer Unternehmen und möglicherweise auch thailändischer Aufsichtsbehörden thematisiert.
Die Katastrophe wirft grundsätzliche Fragen auf:
- Warum war das Gebäude das einzige in ganz Bangkok, das einstürzte?
- Wurden Baumaterialien möglicherweise aufgrund von Kostendruck ausgetauscht?
- Gab es bei den Genehmigungsverfahren Schlupflöcher oder Bestechung?
Die thailändische Regierung steht unter Druck, nicht nur die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch die Bauvorschriften — insbesondere für erdbebensicheres Bauen — zu verschärfen. Für die Opferfamilien kommt jede Aufklärung jedoch zu spät: Viele der vermissten Bauarbeiter waren Migranten aus Myanmar und Kambodscha, die unter prekären Bedingungen auf der Baustelle beschäftigt waren.