Bangkok, Thailand — Das thailändische Verfassungsgericht hat heute ein bedeutendes Urteil zur Auflösung der Move Forward Party (MFP) verkündet.
Der Grund für diese drastische Maßnahme sind die Bemühungen der Partei, das Gesetz zur Majestätsbeleidigung, auch bekannt als Abschnitt 112 des Strafgesetzes, zu reformieren.
Diese Entscheidung markiert einen wichtigen Moment in der politischen Landschaft Thailands und hat weitreichende Konsequenzen für die Zukunft der betroffenen Partei und ihrer Mitglieder. Im April forderte die thailändische Wahlkommission (ECT) das Verfassungsgericht auf, die Auflösung der MFP in Erwägung zu ziehen.
Die ECT argumentierte, dass die von der MFP vorgeschlagenen Reformen des Paragraphen 112 sowohl eine Bedrohung für die Monarchie als auch für die demokratische Regierungsform darstellen. Nach einer fünfmonatigen Beratung und mehreren Verschiebungen der Urteilsverkündung verkündete das Verfassungsgericht heute um 15 Uhr seine Entscheidung, der ECT zuzustimmen und die Partei aufzulösen.
Zusätzlich zur Auflösung verhängte das Gericht ein zehnjähriges Berufsverbot für elf Mitglieder des Parteivorstands, die zwischen dem 25. März 2021 und dem 31. Juli 2024 Ämter innehatten. Unter den Betroffenen befinden sich prominente Persönlichkeiten wie der erste Parteivorsitzende Pita Limjaroenrat und der erste Generalsekretär der Partei und zweite Parteivorsitzende Chaithawat Tulathon. Weitere betroffene Mitglieder sind der Parteischatzmeister Nateepat Kulsetthasith, das Parteimitgliedsregister Nakornpong Suppanimitr sowie Mitglieder des Exekutivkomitees aus verschiedenen Regionen Thailands.
Die vollständige Liste der betroffenen Parteimitglieder umfasst:
Pita Limjaroenrat, erster Parteivorsitzender
Chaithawat Tulathon, erster Generalsekretär der Partei und zweiter Parteivorsitzender
Nateepat Kulsetthasith, Parteischatzmeister
Nakornpong Suppanimitr, Parteimitgliedsregister
Padipat Suntiphada, nördliches Exekutivkomitee
Somchai Fangchonlajit, südliches Exekutivkomitee
Amarat Chokepamitkul, zentrales Exekutivkomitee
Apichat Sirisoontron, nordöstliches Exekutivkomitee und zweiter Generalsekretär der Partei
Bencha Saengchantra, östliches Exekutivkomitee
Suthep U‑on, Exekutivausschuss des Arbeitsministeriums
Apisit Promrit, Exekutivausschuss
Den elf Mitgliedern ist es nun für die Dauer von zehn Jahren untersagt, als Abgeordnete tätig zu sein, eine neue politische Partei zu gründen, dem Vorstand einer politischen Partei beizutreten oder an der Gründung einer neuen politischen Partei mitzuwirken.
Diese Entscheidung hat die politische Landschaft Thailands erheblich erschüttert und zwingt die verbleibenden 142 Abgeordneten der MFP, innerhalb von 60 Tagen eine neue politische Heimat zu finden, um ihren Status nicht zu verlieren.
Zudem müssen sie einen neuen Parteivorsitzenden wählen, der die Partei während der Übergangszeit führt. Ein weiterer Schlag für die MFP kam, als der Abgeordnete Jirat Thongsuwan kürzlich den Medien erzählte, dass ihn der Assistent eines Ministers gebeten habe, für 30 Millionen Baht seiner Partei beizutreten.
Diese Aussage wirft weitere Fragen über die Integrität und die politischen Manöver hinter den Kulissen auf. Das thailändische Parlament muss nun auch einen neuen Vizepräsidenten des Repräsentantenhauses wählen, da der frühere Vizepräsident Padipat Suntiphada einer derjenigen war, die vom Amt ausgeschlossen wurden.
Nach der Verkündung der Auflösung teilte der offizielle Facebook-Account der MFP ein emotionales Video mit der Bildunterschrift: “Auf dieser Welt gibt es Dinge, die nicht zerstört werden können und nicht untergehen können, sondern unaufhörlich weiterwachsen. Eine neue Reise hat begonnen. Lasst uns gemeinsam voranschreiten, Leute.”
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts stieß auch international auf Kritik. Deprose Muchena, leitender Direktor von Amnesty International, verurteilte das Urteil scharf.
“Die Entscheidung des Verfassungsgerichts, die Move Forward Party aufzulösen, ist eine unhaltbare Entscheidung, die die völlige Missachtung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Thailands durch die Behörden offenbart. Die Auflösung der Partei nur weil sie sich für Gesetzesreformen einsetzt, stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit dar, und zwar gegenüber Abgeordneten, die lediglich ihrer Pflicht nachgekommen sind, Gesetze vorzuschlagen. Die unerbittliche Schikanierung der politischen Opposition durch die Behörden stellt einen krassen Widerspruch dar, da Thailand sich mit seiner Bewerbung um einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat öffentlich zu einer globalen Führungsrolle in Sachen Menschenrechte bekannt hat. Die thailändischen Behörden müssen die Auflösung des Rats dringend rückgängig machen und aufhören, Gesetze als Waffe einzusetzen, um Kritiker, Menschenrechtsaktivisten und Oppositionspolitiker einzuschüchtern und zu schikanieren.”
Diese Ereignisse markieren einen entscheidenden Moment in der Geschichte Thailands und werden zweifellos weitreichende Auswirkungen auf die politische Landschaft des Landes haben. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie die betroffenen Parteien und politischen Akteure auf diese dramatische Entscheidung reagieren und welche neuen politischen Konstellationen sich daraus ergeben.
Foto: von Sakchai Lalit über AP