Thailands allgemeine Krankenversicherung, bekannt als 30-Baht-Gold-Card-System, steht vor einer ernsthaften finanziellen Krise. Das einst revolutionäre Gesundheitssystem, das vor über zwei Jahrzehnten von der Pheu-Thai-Partei ins Leben gerufen wurde, gerät zunehmend unter Druck.
Experten und medizinisches Personal schlagen Alarm und fordern dringende Reformen, um die Nachhaltigkeit des Programms sicherzustellen.
Ein populistisches Programm in der Krise
Das 30-Baht-Programm wurde 2002 eingeführt, um allen thailändischen Bürgern, insbesondere den wirtschaftlich Benachteiligten, einen gleichberechtigten Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Ursprünglich mussten die Patienten eine Zuzahlung von 30 Baht pro Arztbesuch leisten.
Diese Gebühr wurde jedoch später abgeschafft, wodurch Karteninhaber nun kostenfreien Zugang zu Gesundheitsleistungen erhielten.
Trotz seines Erfolges bei der Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung, sehen sich viele staatliche Krankenhäuser mit einer zunehmenden Überlastung konfrontiert. Erhöhte Patientenbesuche, ein Mangel an medizinischem Personal und wachsende finanzielle Defizite haben die Situation verschärft.
Steigende Kosten und Überlastung
Dr. Somsak Tiankao, ein führender Arzt am Srinagarind-Krankenhaus der Universität Khon Kaen, berichtete von alarmierenden jährlichen Verlusten in Höhe von etwa 100 Millionen Baht.
Diese Verluste sind auf die überwältigende Anzahl von Patienten zurückzuführen, die nach der Einführung der „Cancer Everywhere“-Politik um 400 % gestiegen ist.
„Die Zahl der Krebspatienten ist jährlich von 6.000 auf 25.000 angestiegen, was zu langen Warteschlangen und erheblichen Verzögerungen bei der Behandlung geführt hat“, erklärte Dr. Somsak.
Ohne dringende Gegenmaßnahmen könnte das Krankenhaus gezwungen sein, seine medizinischen Standards zu senken, was die Versorgung der Patienten weiter beeinträchtigen würde.
Herausforderungen einer alternden Gesellschaft
Eine weitere Herausforderung, die das 30-Baht-Programm belastet, ist die alternde Bevölkerung in Thailand. Mit einer zunehmenden Anzahl älterer Menschen steigen auch die Kosten für medizinische Behandlungen, insbesondere für komplexe Erkrankungen.
Experten warnen, dass diese demografische Entwicklung das Gesundheitssystem weiter unter Druck setzen und zu einem finanziellen Kollaps führen könnte.
Dr. Somsak und andere Experten betonen die Notwendigkeit einer Reform, um das System vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, den Patienten im Rahmen des allgemeinen Krankenversicherungssystems zu erlauben, über die 30-Baht-Grenze hinaus zusätzliche Gebühren zu zahlen. „Die medizinische Versorgung sollte nicht für alle kostenlos sein; wer sich bessere Leistungen leisten kann, sollte dafür auch einen Aufpreis zahlen dürfen“, so Dr. Somsak.
Forderungen nach staatlichen Eingriffen und Notfallfonds
Auch Dr. Supat Hasuwannakit, Präsident der Rural Doctor Society, äußerte sich besorgt über die finanzielle Zukunft des 30-Baht-Programms. Er wies darauf hin, dass das allgemeine Gesundheitssystem rund 7 % des nationalen Haushalts ausmacht, was etwa 200 Milliarden Baht entspricht.
Trotz einer jährlichen Erhöhung der Mittel um 3 % reichen diese Summen nicht aus, um das System aufrechtzuerhalten.
Dr. Supat schlug vor, dass die Regierung Notfallmittel bereitstellt, um staatliche Krankenhäuser kurzfristig zu unterstützen und langfristig in kommunale und mittelgroße Krankenhäuser zu investieren. „Der Premierminister sollte das allgemeine Gesundheitssystem modernisieren und einen umfassenden Masterplan zur Gesundheitssicherheit entwerfen, um eine nachhaltige Gesundheitsversorgung im Land zu gewährleisten“, forderte er.
Die Notwendigkeit einer umfassenden Reform
Die Diskussion um das 30-Baht-Programm hat auch das Thailand Development Research Institute (TDRI) auf den Plan gerufen.
Nuttanan Wichitaksorn, ein führender Analyst des Instituts, warnte davor, dass ohne eine effiziente Verwaltung der Gesundheitsbudgets durch das National Health Security Office (NHSO) das System weiter destabilisiert werden könnte.
„Um künftige finanzielle Instabilität zu vermeiden, muss das nationale Gesundheitssystem reformiert werden. Dieses System ist von entscheidender Bedeutung, um den Thailändern den Zugang zu angemessener medizinischer Behandlung zu gewährleisten“, betonte Nuttanan.
Das TDRI prognostizierte kürzlich, dass die Gesundheitsausgaben des Landes bis 2032 auf 2,2 Billionen Baht ansteigen könnten, wenn nicht sofort Maßnahmen zur Förderung eines gesunden Lebensstils in der Bevölkerung ergriffen werden.
Zukunft des 30-Baht-Programms ungewiss
Die Zukunft des 30-Baht-Programms steht auf dem Spiel. Ohne umfassende Reformen und eine deutliche Erhöhung der finanziellen Mittel könnte das einst gefeierte Gesundheitssystem vor einem finanziellen Kollaps stehen.
Während die Regierung und die zuständigen Behörden sich dieser Herausforderungen bewusst sind, bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte unternommen werden, um die langfristige Nachhaltigkeit des Programms zu sichern.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um die Weichen für eine gesunde und stabile Zukunft des thailändischen Gesundheitssystems zu stellen.
Doch die Frage bleibt: Wird die Regierung die notwendigen Reformen durchführen, um das 30-Baht-Programm zu retten, oder steht das Land vor einer tiefen Gesundheitskrise?