Chaotische Szenen vor dem Regierungshaus: Hunderte wütende Demonstranten haben am Dienstag gegen den umstrittenen Gesetzentwurf der Regierung protestiert, der Casino-Unterhaltungskomplexe legalisieren soll. Mit Megafonen und Plakaten machten sie ihrem Ärger Luft — und drohen mit noch mehr Druck.
Ein Artikel von Kilian Borchert
Die Entscheidung der Pheu-Thai-geführten Regierung, solche Casino-Komplexe zuzulassen, könnte zum Zündfunken für eine breite Protestwelle werden. Schon jetzt kocht die Stimmung hoch: Aktivisten werfen der Regierung vor, mit dem Vorhaben nicht nur das Glücksspiel zu fördern, sondern auch Korruption und soziale Probleme wie Drogenkriminalität anzukurbeln.
VON THAKSIN BIS ZUM CASINO: ALTE WUNDEN REISSEN AUF
Die Proteste sind nicht neu — schon früher gingen Aktivisten wegen anderer Streitpunkte auf die Barrikaden, etwa wegen der angeblich bevorzugten Behandlung des ehemaligen Premiers Thaksin Shinawatra im Police General Hospital oder eines umstrittenen Abkommens von 2001 über maritime Ansprüche im Golf von Thailand. Nach einer gerichtlichen Anordnung wurden diese Kundgebungen zwar gestoppt, doch die Casino-Pläne haben die Wut neu entfacht.
Obwohl das Kabinett die Beratung des Gesetzes verschoben hat — das Finanzministerium soll erst öffentliche Meinungen einholen — lassen die Demonstranten nicht locker. „Das Casino-Projekt und die Legalisierung von Glücksspiel stehen jetzt ganz oben auf unserer Liste“, sagt Jatuporn Prompan, Ex-Anführer der Rothemden und Mitführer der Protestgruppe Kana Lomruam Prachachon. „Wir kämpfen, bis das Thema vom Tisch ist!“
DER STREIT UM DIE 50-MILLIONEN-BAHT-REGEL
Besonders brisant: die geplante Regel, dass Thailänder mindestens 50 Millionen Baht (ca. 1,3 Millionen Euro) auf dem Konto haben müssen, um die Casinos betreten zu dürfen. Nach heftiger Kritik ruderte das Finanzministerium zurück und schlug vor, stattdessen Steuerbescheide der letzten drei Jahre zu verlangen. Doch nach Beratung mit dem Staatsrat wurde die strenge 50-Millionen-Regel wieder eingeführt.
„Das zeigt, wie planlos die Regierung ist“, wettert Jatuporn. „Deshalb treffen wir uns jetzt jeden Dienstag vor den Kabinettssitzungen — bis Klarheit herrscht!“ Er warnt: Das Casino-Thema könnte die Koalition sprengen, wenn der Druck wächst. „Es ist alles eine Frage des Timings. Denkt an Yingluck — ein Amnestie-Gesetz und der Reis-Skandal haben sie damals gestürzt.“
EXPERTIN FORDERT VOLKSABSTIMMUNG
Chittawan Chanagul, Glücksspiel-Expertin an der Kasetsart-Universität, schlägt Alarm: „Dieses Projekt hat enorme soziale und wirtschaftliche Folgen — und stand nie im Wahlprogramm von Pheu Thai!“ Sie fordert eine Volksabstimmung: „Das wäre der faire Weg. Die Menschen haben ein Recht darauf, gehört zu werden.“
Sie kritisiert auch die Opposition, die bisher kaum Widerstand leiste: „Die Leute stehen weder auf der Seite der Regierung noch der Opposition — aber die Opposition muss endlich handeln!“ Viele Bürger, selbst Pheu-Thai-Anhänger, fürchten, dass legalisiertes Glücksspiel die Drogenprobleme im Land verschärft.
„KEINE POLITIK, NUR FAKTEN“
Thanakorn Khomkrit von der Stop Gambling Foundation betont, dass seine Gruppe keinen Sturz der Regierung anstrebt. „Wir haben kein politisches Ziel. Wir wollen das Gesetz komplett stoppen und die Öffentlichkeit aufklären.“ Besonders besorgt ihn die Verbindung zu Online-Glücksspiel, das mit dem Gesetz ebenfalls legalisiert werden könnte.
KORRUPTION UND KRIMINALITÄT: DIE DUNKLE SEITE DER CASINOS
Kritiker sehen in den Plänen eine Gefahr für Thailand. „Casinos bringen keinen Tourismus-Boom, sondern Kriminalität“, sagt Jatuporn. „Wer kommt schon wegen Spielhallen — und nicht wegen unserer Natur und Kultur?“ Chittawan ergänzt: „Bei der Korruption und schwachen Kontrolle hierzulande werden Casinos zur Spielwiese für Geldwäsche und krumme Deals.“
Ein Knackpunkt: Die Lizenzgebühren für Casinos könnten bei nur 10 Millionen Baht starten — viel zu niedrig, um den Staatshaushalt spürbar zu entlasten. „Das Geld sollte soziale Schäden abfedern, aber so bleibt nichts übrig“, sagt Chittawan.
DIE MELCO-VERBINDUNG
Brisant: Kurz vor den Protesten kündigte das Unternehmen Melco Resorts & Entertainment — ein Casino-Riese aus Macau — Investitionen in Thailand an, sollte das Gesetz durchgehen. Dessen verstorbener Gründer Stanley Ho stand einst im Verdacht, Verbindungen zu Triaden zu haben. „Das ist ein Warnsignal“, sagt Thanakorn. „Solche Firmen bringen nicht nur Jobs, sondern auch Probleme.“
SHOWDOWN IM KABINETT?
Die Spannung steigt. „Wenn die Regierung das Gesetz durchdrückt, gibt’s Ärger“, prophezeit Jatuporn. Experten meinen: Allein wird das Casino-Thema die Regierung nicht stürzen — doch wenn sie die Stimmen der Bürger ignoriert, könnte es der Anfang vom Ende sein. Die Demonstranten bleiben wachsam: „Wir warten auf den richtigen Moment!“