Bangkok — In einem historischen Moment für Thailand wurde Paetongtarn Shinawatra, die Tochter des umstrittenen und einflussreichen ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra, zur Premierministerin gewählt.
Mit 37 Jahren ist sie die jüngste Person, die dieses Amt je innehatte, und erst die zweite Frau nach ihrer Tante Yingluck Shinawatra, die diese prestigeträchtige Position in der thailändischen Politik übernimmt.
Die Wahl von Paetongtarn ist nicht nur ein persönlicher Triumph, sondern markiert auch eine Fortsetzung der politischen Dominanz der Shinawatra-Familie in Thailand. Seit 2001 hat ihre Familie die politische Landschaft des Landes entscheidend geprägt, wobei jede ihrer Parteien die nationalen Wahlen gewann.
Doch die politischen Ambitionen der Familie waren stets von Kontroversen begleitet, insbesondere durch Thaksins Sturz durch einen Militärputsch im Jahr 2006, der die thailändische Politik in tiefe Spaltungen stürzte.
Paetongtarns Aufstieg zur Macht wurde von einem politischen Abkommen unterstützt, das ihr Vater Thaksin mit seinen einstigen konservativen Gegnern geschlossen hatte. Dieses Abkommen ermöglichte es der von ihr geführten Pheu-Thai-Partei, die Regierung zu übernehmen, nachdem die reformistische Move Forward-Partei, die die Wahlen 2023 gewonnen hatte, von der Regierungsbildung ausgeschlossen wurde.
Die Entscheidung des thailändischen Verfassungsgerichts, die Move Forward-Partei aufzulösen, ebnete den Weg für Paetongtarn, die politische Führung zu übernehmen. Bei ihrer Wahl erhielt Paetongtarn 319 von 491 Stimmen im Parlament, was ihre breite Unterstützung innerhalb der politischen Elite des Landes widerspiegelt.
Obwohl sie keine gewählte Abgeordnete ist — was für die Kandidatur als Premierministerin in Thailand nicht erforderlich ist — wurde ihre Ernennung von vielen als eine Rückkehr der Shinawatra-Dynastie an die Spitze der thailändischen Politik gefeiert.
In einer emotionalen Ansprache nach ihrer Wahl betonte Paetongtarn, wie sehr sie sich geehrt und glücklich fühle, dieses wichtige Amt zu übernehmen. „Ich hoffe wirklich, dass ich den Menschen Vertrauen geben kann, dass wir Chancen und Lebensqualität schaffen können,“ sagte sie den versammelten Journalisten in Bangkok.
Sie versprach, ihr Bestes zu geben, um das Land voranzubringen und den Wohlstand für alle Thailänder zu fördern.
Zu ihren wichtigsten Aufgaben wird es gehören, die Sorgen der Wähler über die hohen Lebenshaltungskosten und die Sorgen ausländischer Investoren über Thailands turbulente Politik zu Lindern
Paetongtarns Ernennung folgt auf die Entlassung des bisherigen Premierministers Srettha Thavisin, der nach weniger als einem Jahr im Amt wegen eines schweren ethischen Verstoßes entlassen wurde.
Diese politischen Turbulenzen haben die thailändische Politik erschüttert, und Paetongtarn übernimmt die Führung in einer Zeit, in der das Land vor großen Herausforderungen steht.
Thaksins Rückkehr nach Thailand im letzten Jahr, nach Jahren des Exils, fällt zeitlich mit der Ernennung von Paetongtarn zusammen und wird als Teil eines größeren politischen Deals zwischen der Pheu-Thai-Partei und ihren konservativen Rivalen interpretiert. Dieser Deal sollte sicherstellen, dass die Move Forward-Partei, die Thailands politische Landschaft reformieren wollte, von der Macht ferngehalten wird.
Die Bedeutung von Paetongtarns Verbindung zu ihrem Vater kann nicht übersehen werden. Während sie darauf besteht, dass sie ihre eigenen Entscheidungen trifft und nicht nur eine Stellvertreterin ihres Vaters ist, bleibt Thaksins Einfluss auf die Politik und die Pheu-Thai-Partei enorm.
Experten, wie die Politikwissenschaftlerin Petra Alderman von der Universität Birmingham, warnen jedoch, dass diese enge Bindung an Thaksin sowohl eine Stärke als auch eine potenzielle Schwäche für Paetongtarn darstellen könnte.
Die Zukunft der thailändischen Regierung unter Paetongtarns Führung bleibt ungewiss, insbesondere angesichts der komplexen und oft instabilen politischen Landschaft des Landes. In Thailand wird die Regierungsfähigkeit oft nicht nur durch Wahlergebnisse, sondern auch durch die Entscheidungen nicht gewählter Institutionen wie der Wahlkommission und des Verfassungsgerichts bestimmt.
Militärputsche, die in der jüngeren Vergangenheit das politische Leben Thailands geprägt haben, stellen ebenfalls eine ständige Bedrohung für jede Regierung dar.
Trotz dieser Herausforderungen könnte Paetongtarn aufgrund ihrer engen familiären Verbindungen und ihres eigenen politischen Talents in der Lage sein, die Einheit innerhalb der Koalition zu stärken und das Land durch diese schwierigen Zeiten zu führen.
Ihre Wahl zur Premierministerin ist nicht nur ein Beweis für die anhaltende Popularität der Shinawatra-Familie, sondern auch ein Zeichen für die tiefen Veränderungen, die in der thailändischen Politik im Gange sind.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Paetongtarn Shinawatra in der Lage sein wird, das Vertrauen der Thailänder zu gewinnen und das Land auf einen stabileren und wohlhabenderen Kurs zu führen.
Klar ist jedoch, dass die Shinawatra-Dynastie, die Thailand seit mehr als zwei Jahrzehnten geprägt hat, weiterhin eine entscheidende Rolle in der politischen Zukunft des Landes spielen wird.
(AP Foto/Sakchai Lalit)