Blick über die Kindererziehung hinaus

Blick über die Kindererziehung hinaus

Wenn es um die Geburten­rate geht, muss die Regierung über den Teller­rand schauen

Der Geburten­rück­gang ist ein Prob­lem, mit dem Län­der auf der ganzen Welt kon­fron­tiert sind, und Thai­land ist keine Aus­nahme. Von 1963 bis 1983 lag die durch­schnit­tliche Geburten­rate in Thai­land bei etwa 1 Mil­lion pro Jahr. Im Jahr 2022 sank die Gesamtzahl der Neuge­bore­nen auf 502.107 — den niedrig­sten Stand seit 71 Jahren -, während die Ster­ber­ate im sel­ben Jahr 595.965 betrug.

Sus­tarum: Von Skan­di­navien lernen

Um das demografis­che Aus­maß des Lan­des aufrechtzuer­hal­ten, sollte die Gesamt­frucht­barkeit­srate (TFR) nicht weniger als 2,1 Kinder pro Frau betra­gen. In den 1960er Jahren lag die jährliche TFR in Thai­land bei etwa 6,1 Geburten pro Frau, doch in den let­zten zehn Jahren ist die Rate drastisch auf 1,41,5 gesunken.

Die Regierung hat Maß­nah­men ergrif­f­en, um die Geburten­rate des Lan­des zu erhöhen, die jedoch noch nicht gefruchtet haben.

Kür­zlich kündigte das Gesund­heitsmin­is­teri­um neue Pläne an, um Paare zu ermuti­gen, mehr Kinder zu bekom­men. Ein­er davon ist die Ein­rich­tung von min­destens ein­er Frucht­barkeit­sklinik in jed­er Prov­inz, die Paaren mit Fortpflanzung­sprob­le­men helfen soll.

Gesund­heitsmin­is­terin Chol­nan Srikaew sagte auch, dass das Min­is­teri­um erwägt, ein staatlich­es Wohlfahrt­spro­gramm voranzutreiben, das Paaren einen län­geren Elter­nurlaub gewährt oder die Zuschüsse zum Kindergeld von 600 Baht pro Monat auf 3.000 Baht pro Monat erhöht.

Assoc. Prof. Sus­tarum Tham­ma­boosadee, Dozent am Col­lege of Inter­dis­ci­pli­nary Stud­ies der Tham­masat Uni­ver­sität, erk­lärte jedoch gegenüber der Bangkok Post, dass eine stärkere staatliche Unter­stützung für die Kinder­erziehung nicht immer zu höheren Geburten­rat­en führen muss.

Die Befür­wor­tung staatlich sub­ven­tion­iert­er Maß­nah­men für Men­schen mit Kinder­wun­sch ist zweifel­los nüt­zlich für die Öffentlichkeit, vor allem, wenn das Min­is­teri­um Frucht­barkeits­di­en­ste in das Uni­ver­sal Cov­er­age Scheme (UCS) oder die soziale Absicherung aufnehmen kann. Die Fak­toren, die Men­schen dazu bewe­gen, Kinder zu bekom­men, liegen jedoch jen­seits der staatlichen Für­sorge”, sagte er.

Weniger Men­schen, kein Problem

Assoc. Prof. Sus­tarum erk­lärte, dass selb­st in Län­dern mit starken Sozial­sys­te­men, wie den skan­di­navis­chen Län­dern, die Geburten­rat­en im Laufe der Jahre gesunken sind.

Mit gut unter­stützten Eltern­schaft­sres­sourcen, zu denen bezahlter Elter­nurlaub, sub­ven­tion­ierte Kinder­be­treu­ung und Kinder­be­treu­ungsin­fra­struk­turen gehören, liegt die TFR 2022 in Nor­we­gen bei 1,6 Geburten pro Frau, in Däne­mark bei 1,7 und in Schwe­den bei 1,8.

Die skan­di­navis­che Wirtschaft ist jedoch trotz ein­er kleineren Bevölkerung stärk­er als in vie­len anderen Teilen Europas.

Dies kön­nte ein Weck­ruf für Thai­land sein, auf neue Tech­nolo­gien wie kün­stliche Intel­li­genz und Automa­tisierung zu set­zen, um Arbeit­skräfte in bes­timmten Bere­ichen wie der Land­wirtschaft und der ver­ar­bei­t­en­den Indus­trie zu ersetzen.

Da immer weniger Kinder geboren wer­den, wen­det sich die Gesellschaft Wirtschaftsmod­ellen zu, die nicht mehr in hohem Maße vom Bevölkerungswach­s­tum abhängig sind”, sagte Assoc Prof. Sustarum.

Er sagte, weniger Kinder und ältere Eltern seien nicht unbe­d­ingt ein schlecht­es Szenario. In der Tat kön­nen emo­tion­al und finanziell reife Eltern die Kinder­erziehung oft bess­er bewältigen.

Abge­se­hen davon, dass het­ero­sex­uelle Paare dazu gedrängt wer­den soll­ten, mehr Kinder zu bekom­men, soll­ten auch die thailändis­chen Geset­ze zur Adop­tion durch gle­ichgeschlechtliche Paare über­dacht wer­den, so Prof. Sustarum.

Ich denke, dass die Betreu­ung von Lebendge­burten in unserem Land, unab­hängig von ihrem Sta­tus, nicht weniger wichtig ist als der Druck auf die Gesellschaft, sich fortzupflanzen”, teilte er seine Ansicht.

Ein Werte­wan­del

Der wach­sende Trend zur Kinder­losigkeit kön­nte durch finanzielle Belas­tun­gen beschle­u­nigt wer­den, bei denen sich junge Men­schen die Erziehung von Kindern nicht leis­ten kön­nen. Selb­st Men­schen, die gerne Eltern wer­den möcht­en, glauben immer noch, dass eine staatlich sub­ven­tion­ierte Kinder­be­treu­ung erforder­lich ist.

Am 1. Okto­ber veröf­fentlichte das Nationale Insti­tut für Entwick­lungsver­wal­tung (Nida) eine Umfrage mit dem Titel Lasst uns Kinder haben”, in der die öffentliche Mei­n­ung darüber unter­sucht wurde, ob die Men­schen Kinder wollen.

Von den 1 310 Teil­nehmern gaben 65,1 % an, dass die wün­schenswerteste Form der staatlichen Unter­stützung zur Förderung des Kinder­wun­sches eine kosten­lose Aus­bil­dung bis zum Hochschu­la­b­schluss sei, und 63,6 % sprachen sich für einen Zuschuss zum Kindergeld aus, bis ihre Kinder 15 Jahre alt sind.

Den­noch haben viele Men­schen heutzu­tage einen anderen Lebensstil, bei dem sie mehr Zugang zu höher­er Bil­dung haben, Job-Hop­ping betreiben oder ohne elter­liche Ver­ant­wor­tung die Welt bereisen.

Vor Jahrzehn­ten hät­ten die Men­schen vielle­icht Kinder bekom­men, um ihre Ehe zu erfüllen. Der Wert des Lebens war mit der Eltern­schaft oder der Geburt eines Kindes ver­bun­den. Heutzu­tage ist das ganz anders. Für bes­timmte Grup­pen von Men­schen mag das Eltern­sein den Sinn des Lebens aus­machen. Aber für viele andere kann das Leben in einem Land, in dem Gle­ich­heit und eine gerechte Verteilung des Wohl­stands garantiert sind, das Leben erfüllen — ein Stand­punkt, der eben­falls von großer Bedeu­tung ist”, sagte Assoc.

Er sagte, wenn Thai­land seine wirtschaftliche Größe an die schrumpfende Bevölkerungszahl anpassen könne, wür­den die Äng­ste vor einem Man­gel an Arbeit­skräften oder vor ein­er sink­enden Pro­duk­tiv­ität abnehmen. Die Wirtschaft des Lan­des wird wach­sen, wenn für das Woh­lerge­hen der Bürg­er gesorgt ist.”

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