Einige gute Nachrichten für die Meinungsfreiheit

Bangkok — Der Welt­tag der Presse­frei­heit, der am 3. Mai began­gen wird, wurde kür­zlich mit ein­er Podi­ums­diskus­sion im For­eign Cor­re­spon­dents’ Club of Thai­land began­gen, die eine gute Gele­gen­heit bot, sich über Neuigkeit­en, ins­beson­dere über Thai­land, zu informieren. Es war auch eine Gele­gen­heit, über die inter­na­tionalen Entwick­lun­gen in Bezug auf den schrumpfend­en Raum für den freien Fluss von Infor­ma­tio­nen (“Info-Inhi­bi­tion”) in ver­schiede­nen Bere­ichen nachzudenken.

Es gibt min­destens drei gute Nachricht­en für Thai­land. Erstens hat sich das Recht auf freie Mei­n­ungsäußerung verbessert, wie eine Quelle des inter­na­tionalen Presser­ank­ings zeigt. Die bevorste­hen­den nationalen Wahlen schaf­fen mehr Raum für einen lib­eraleren Diskurs, auch über ver­schiedene heik­le The­men wie die Majestäts­belei­di­gung und insti­tu­tionelle Refor­men, so dass das Fortbeste­hen nicht­demokratis­ch­er Ele­mente hof­fentlich der Ver­gan­gen­heit (und nicht der Zukun­ft) ange­hören wird.

Außer­dem ist das Land Mit­glied inter­na­tionaler Verträge, die den bevorzugten Weg zum Schutz des Rechts auf freie Mei­n­ungsäußerung weisen. Dieses Recht ist zwar nicht abso­lut, aber nach dem Inter­na­tionalen Pakt über bürg­er­liche und poli­tis­che Rechte, dem das Land beige­treten ist, gibt es nur zwei mögliche Beschränkun­gen für die Ausübung dieses Rechts, näm­lich zum einen die Ver­leum­dung und zum anderen die nationale Sicher­heit, die öffentliche Ord­nung und die öffentliche Gesund­heit. Diese Beschränkun­gen dür­fen jedoch nicht willkür­lich sein und müssen inter­na­tionalen Stan­dards entsprechen, ein­schließlich der Notwendigkeit eines trans­par­enten Geset­zes zur Recht­fer­ti­gung der Beschränkung sowie der Notwendigkeit und Ver­hält­nis­mäßigkeit im Hin­blick auf die Bedrohungen.

Die dritte pos­i­tive Entwick­lung beste­ht darin, dass in eini­gen Fällen, in denen Geset­ze zur Ein­schränkung der freien Mei­n­ungsäußerung und der damit ver­bun­de­nen friedlichen Ver­samm­lungs­frei­heit gel­tend gemacht wur­den, die nationalen Gerichte die Fälle abgewiesen und die Angeklagten (die in der Regel aus dem Kreis der Men­schen­rechtsvertei­di­ger und der poli­tis­chen Oppo­si­tion stam­men) ent­lastet haben. Das Ver­fas­sungs­gericht des Lan­des beruft sich dabei geschickt auf Artikel 26 der gel­tenden Ver­fas­sung, der vier Ein­schränkun­gen für den Fall vor­sieht, dass der Staat ver­sucht, Rechte und Frei­heit­en einzuschränken. Die Behör­den müssen nach­weisen, dass sie das Rechtsstaat­sprinzip ein­hal­ten, dass die Ein­schränkung die Men­schen­würde respek­tiert, dass die Ein­schränkung notwendig ist, um auf die Gefahren zu reagieren, und dass die Ein­schränkung den Umstän­den angemessen ist.

So hob das Gericht beispiel­sweise eine Anord­nung der Jun­ta nach dem Putsch von 2014 auf, die einem rück­wirk­enden Strafrecht gle­ichkam. Die Anord­nung hat­te eine strafrechtliche Sank­tion gegen diejeni­gen ver­hängt, die Anord­nun­gen der Jun­ta nicht befol­gten, und zwar rück­wirk­end auf einen Zeit­punkt vor dem Erlass der Anord­nung selb­st. Dieser Erlass ver­stieß gegen den all­ge­meinen Grund­satz der Recht­mäßigkeit, wonach rück­wirk­endes Strafrecht ungültig ist, da es ungerecht ist und Unsicher­heit schafft. Eine Rei­he von Fällen von Majestäts­belei­di­gung wur­den auch von den Gericht­en durch richter­liche Begrün­dung und Prü­fung abgewiesen. Die bevorzugte Botschaft lautet, dass die Behör­den davon abse­hen soll­ten, sich auf diese Geset­ze zu berufen, und die Ankla­gen fall­en lassen soll­ten, solange die Diskus­sio­nen über die Reform noch nicht abgeschlossen sind.

Im Gegen­satz zu diesen kon­struk­tiv­en Entwick­lun­gen gibt es jedoch auch Bere­iche, die Anlass zur Sorge geben. Erstens lei­det das Land unter ein­er Über­reg­ulierung mit zu viel Ermessensspiel­raum in den Hän­den der Behör­den. Die Palette der zwiespälti­gen Geset­ze reicht von der nationalen Not­standsverord­nung und dem Kriegsrecht, die in Südthai­land immer noch ange­wandt wer­den, bis hin zum Gesetz über strafrechtliche Ver­leum­dung, Com­put­erkrim­i­nal­ität, öffentliche Ver­samm­lun­gen sowie Geset­ze über Majestäts­belei­di­gung und Aufruhr.

Zweit­ens berichteten Quellen aus der Zivilge­sellschaft Anfang dieses Jahres von etwa 1.900 poli­tis­chen Fällen von Per­so­n­en, die auf­grund der genan­nten restrik­tiv­en Geset­ze ver­fol­gt wur­den. Derzeit wer­den auch etwa 280 Kinder unter 18 Jahren nach diesen Geset­zen ver­fol­gt. Beson­ders besorgnis­er­re­gend ist die Anwen­dung des Not­stands­dekrets und des Para­grafen 112 des Strafge­set­zbuchs über Majestäts­belei­di­gung gegen einige dieser Kinder. Sowohl auf nationaler als auch auf inter­na­tionaler Ebene wurde dazu aufgerufen, solche Strafge­set­ze nicht gegen Kinder anzuwen­den, und die Behör­den soll­ten von der Anwen­dung dieser Geset­ze abse­hen. Wenn gegen die Kinder vorge­gan­gen wer­den muss, gibt es kinder­fre­undlichere Geset­ze, wie das Kinder­schutzge­setz des Lan­des, das ver­schiedene soziale Schutz­maß­nah­men bietet, anstatt die Äußerun­gen und das Ver­hal­ten von Kindern zu kriminalisieren.

Die dritte Sorge ist die Vielzahl der strafrechtlichen Ver­fol­gun­gen von Men­schen­rechtsvertei­di­gern und Umweltschützern, von denen viele Frauen sind, wenn sie ver­schiedene Maß­nah­men des Unternehmenssek­tors kri­tisieren. Diese Fälle sind als strate­gis­che Prozesse gegen die Beteili­gung der Öffentlichkeit bekan­nt, und der schrumpfende zivilge­sellschaftliche Raum ist zum Teil auf Domino”-Verfolgungen von Per­so­n­en zurück­zuführen, die lediglich Nachricht­en über Missstände retweet­en. Derzeit ver­fügt das Land über neue Geset­ze wie die Para­graphen 1611 und 1652 der geän­derten Straf­prozes­sor­d­nung, die es der Jus­tiz ermöglichen, Fälle auszu­sortieren, und die von den Staat­san­wäl­ten in ähn­lich­er Weise genutzt wer­den, aber sie wur­den nicht aus­re­ichend einge­set­zt, um diese bedauer­liche Welle einzudäm­men. Die Jus­tiz, die Staat­san­wälte und die Part­ner aus der Wirtschaft soll­ten ermutigt wer­den, zum Schutz und zur Max­imierung des demokratis­chen Raums beizutragen.

Eine wichtige Anom­alie, die sich aus dem Morast drakonis­ch­er Geset­ze ergibt, ist die ungerechte Anwen­dung des Ver­leum­dungsstrafrechts sowohl im öffentlichen als auch im pri­vat­en Sek­tor, um die Mei­n­ungsäußerung einzuschränken, was zu Zen­sur und Selb­stzen­sur über das inter­na­tion­al zuläs­sige Maß hin­aus führt.

Inter­es­san­ter­weise fordert der jüng­ste Bericht des UN-Gen­er­alsekretärs über die Her­aus­forderung der Desin­for­ma­tion oder absichtlich verz­er­rter Infor­ma­tio­nen mehr und nicht weniger Infor­ma­tio­nen sowie unab­hängige und plu­ral­is­tis­che Medi­en und eine aufgek­lärte und kri­tis­che Öffentlichkeit, zusam­men mit der Notwendigkeit, dass der Wirtschaftssek­tor Sorgfalts­maß­nah­men ergreift, wie z. B. regelmäßige Bew­er­tun­gen der Auswirkun­gen auf die Men­schen­rechte, um Trans­parenz und Fair­ness zu gewährleisten.

Die Vere­in­ten Natio­nen, ins­beson­dere über die Unesco, OHCHR, Unicef und die UN-Län­derteams, sind daher in der Lage, ein weltweites Mora­to­ri­um für die Krim­i­nal­isierung der Mei­n­ungs­frei­heit von Kindern zu fordern. Strafge­set­ze wie das Not­stands­ge­setz, das Gesetz über Com­put­erkrim­i­nal­ität, das Gesetz gegen die Majestäts­belei­di­gung und das Gesetz gegen Aufruhr soll­ten nicht gegen Kinder ange­wandt wer­den. Dies ist der notwendi­ge Pro­log, um die Tür für Debat­ten über eine Über­prü­fung und Reform zu öffnen.

Darüber hin­aus sollte sich die Welt­ge­mein­schaft für ein weltweites Mora­to­ri­um für die Anwen­dung von strafrechtlichen Ver­leum­dungs­ge­set­zen im All­ge­meinen entschei­den. Ver­leum­dung sollte allen­falls als eine Frage der zivil­rechtlichen Haf­tung behan­delt wer­den, mit Offen­heit für die Wahrheit und faire Kom­mentare, und nicht als Vor­wand für strafrechtliche Sank­tio­nen — manch­mal mit jahrzehn­te­lan­gen Haft­strafen und sog­ar der Todesstrafe.

Vitit Muntarb­horn ist emer­i­tiert­er Pro­fes­sor an der juris­tis­chen Fakultät der Chu­la­longko­rn-Uni­ver­sität. Er hat die UNO als UN-Son­der­berichter­stat­ter, unab­hängiger Experte und Mit­glied von UN-Unter­suchungsauss­chüssen für Men­schen­rechte unter­stützt. Er ist Autor des Buch­es The Core Human Rights Treaties and Thai­land’ (Brill/​Nijhoff).

Vitit Muntarb­horn

Vitit Muntarb­horn ist emer­i­tiert­er Pro­fes­sor an der juris­tis­chen Fakultät der Chu­la­longko­rn Uni­ver­sität. Er hat die Vere­in­ten Natio­nen in ver­schiede­nen Posi­tio­nen unter­stützt, unter anderem als UN-Son­der­berichter­stat­ter, unab­hängiger UN-Sachver­ständi­ger und Mit­glied von UN-Unter­suchungsauss­chüssen zu Menschenrechten.

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