Wie ist das passiert?

Bangkok — Die spek­takuläre Wahlnieder­lage der bei­den Onkel”-Parteien wird darauf zurück­ge­führt, dass sie es nicht geschafft haben, rel­e­vant zu bleiben, und dass sie den Wider­stand der Bevölkerung gegen den Sta­tus quo grob unter­schätzt haben.

Die inof­fiziellen Ergeb­nisse der Wahlen vom Son­ntag haben der Palang Pracharath Par­ty (PPRP) und der Unit­ed Thai Nation Par­ty (UTN) einen schw­eren Schlag ver­set­zt. Sie wer­den als die bei­den Onkel”-Parteien beze­ich­net, eine Anspielung auf Pre­mier­min­is­ter Prayut Chan-o-cha, den Chef­s­trate­gen der UTN, und den stel­lvertre­tenden Pre­mier­min­is­ter Praw­it Wong­su­won, den Vor­sitzen­den der PPRP.

Die Zahl der Sitze, die die bei­den Parteien zusam­men errun­gen haben, liegt weit unter dem, was die PPRP bei den Wahlen 2019 erre­icht hat.

Damals hat­te die PPRP mehr als acht Mil­lio­nen Stim­men erhal­ten, was der Partei 116 Sitze nach der inzwis­chen abgeschafften Meth­ode der Einzel­wahl bescherte.

Die UTN, deren poli­tis­che Strate­gien fest in der Hand von Gen­er­al Prayut liegen, löste sich von der PPRP und brachte die eifrigen Anhänger von Gen­er­al Prayut mit.

Es war voraus­ge­sagt wor­den, dass die bei­den Parteien bess­er als Team und nicht als getren­nte Ein­heit­en arbeit­en würden.

Am Son­ntag bewahrheit­ete sich diese Vorher­sage, denn die bei­den Parteien gewan­nen zusam­men nur 75 Sitze, sowohl im Wahlkreis- als auch im Lis­ten­sys­tem. Die UTN gewann 35 Sitze, während die PPRP 40 Sitze für sich ver­buchen konnte.

Nach den inof­fiziellen Umfra­gen der Wahlkom­mis­sion lagen die Pheu Thai Par­ty und die Move For­ward Par­ty (MFP) Kopf an Kopf auf dem ersten Platz. Nach einem Vier­tel der Wahlpe­ri­ode lag die MFP bei der Lis­ten­wahl vor der Pheu Thai und war ihr bei der Wahlkreisauszäh­lung dicht auf den Fersen.

Es dauerte nicht lange, bis die Auszäh­lung die schlimm­sten Befürch­tun­gen der Pheu Thai bestätigte, dass die MFP sie über­holt hat­te, obwohl ein ein­deutiger Sieg nicht in Sicht war.

In der Zwis­chen­zeit war die Auszäh­lung der Stim­men für die PPRP und die UTN in den Wahlkreisen prak­tisch zum Still­stand gekom­men, wodurch sich der Abstand zwis­chen ihnen und dem Pheu Thai-MFP-Block immer weit­er vergrößerte.

Zu diesem Zeit­punkt hat­ten sich sowohl die Anhänger der PPRP als auch die der UTN mit der Tat­sache abge­fun­den, dass ihre Parteien auf eine Nieder­lage zus­teuerten, während Pheu Thai und die MFP Bericht­en zufolge Gespräche über eine gemein­same Regierungs­bil­dung führten.

Ein poli­tis­ch­er Beobachter sagte, nach­dem er die Zahlen aus­gew­ertet hat­te, dass sich einige Leute fra­gen, ob eine beträchtliche Anzahl von Men­schen, die bei der let­zten Wahl für die PPRP ges­timmt hat­ten, sich für die MFP entsch­ieden haben kön­nten, wenn man bedenkt, dass sowohl die PPRP als auch die UTN fast die Hälfte der Abge­ord­neten ver­loren hat­ten, die die PPRP bei der let­zten Wahl gewon­nen hatte.

Bei der Wahl am Son­ntag schnit­ten die meis­ten Parteien, die bei den Wahlen 2019 ange­treten waren, dies­mal schlechter ab, so dass die MFP als einzige her­aus­ra­gende Kraft übrig blieb.

Da die Wahlbeteili­gung zwis­chen den Wahlen 2019 und den Wahlen am Son­ntag nicht sehr weit auseinan­der lag, haben sich viele gefragt, wie es der MFP gelang, ihre Sitz­zahl dies­mal so stark zu erhöhen.

Abge­se­hen davon, dass sie wahrschein­lich ehe­ma­lige PPRP-UTN-Wäh­ler ange­zo­gen hat, die ihre Mei­n­ung geän­dert haben, wird angenom­men, dass die MFP auch erhe­blich von ihrer soli­den Basis an Anhängern prof­i­tiert hat, während sie auch in die Lis­ten­stim­men der Pheu Thai einge­drun­gen ist.

Als die Real­ität ein­set­zt, begann das Spiel mit den Schuldzuweisun­gen. Der Beobachter sagte, dass sowohl die PPRP als auch die UTN nach innen schauen müssen, um her­auszufind­en, wo sie Fehler gemacht haben.

Der Beobachter wies jedoch darauf hin, dass die Fehler möglicher­weise schon lange vor den Wahlen am Son­ntag gemacht wurden.

Ihr Glück wäre vielle­icht bess­er gewe­sen, wenn sie sich ein Beispiel an der MFP genom­men hät­ten, indem sie über soziale Medi­en und andere inter­ak­tive Echtzeit-Plat­tfor­men mehr mit den Wäh­lern in Kon­takt getreten wären.

Der herkömm­liche Ansatz, die Wäh­ler — die nicht unbe­d­ingt tech­nisch ver­sierte junge Men­schen sind — über Wahlplakate, Fernseh-Talk­shows und Haustürk­lop­fak­tio­nen anzus­prechen, hat sich in vie­len Fällen als ver­al­tet und kost­spielig erwiesen.

Vielmehr hät­ten die bei­den Parteien eine schwache Präsenz auf der Social-Media-Bühne gehabt, als sie während ihrer Regierungszeit die Zeit hat­ten, ern­sthaft mit den Wäh­lern in Kon­takt zu treten, so der Beobachter.

Ein­er poli­tis­chen Quelle zufolge kon­nten sich die bei­den Parteien auch nicht immer auf ihre ver­meintlich sicheren Ver­bün­de­ten ver­lassen. Einige ehe­ma­lige Teil­nehmer der Proteste des Volks­demokratis­chen Reformkomi­tees (PDRC) in den Jahren 2013 und 2014 kehrten den bei­den Parteien den Rück­en und stimmten am Son­ntag für die MFP.

Einige ehe­ma­lige PDRC-Demon­stran­ten, die tra­di­tionell gegen Pheu Thai sind, hat­ten den Ein­druck, dass sich das Land nach acht Jahren unter Prayut in einem Trott befind­et. Sie sehn­ten sich nach Verän­derun­gen und stimmten mit den Wahlkampfver­sprechen der MFP übere­in, von denen einige wegen ihres Ange­bots, mit der Tra­di­tion zu brechen, kri­tisiert wurden.

Die Quelle sagte, dass die Null-Erfahrung der MFP bei der Führung ein­er Regierung in den Augen einiger Wäh­ler zu ihrem Vorteil gere­icht habe, da sie kein Stig­ma trage und keine Fehler zu bekla­gen habe.

Es ist noch nicht ganz vorbei

Die Par­la­mentswahlen waren das schlecht­este Ergeb­nis für die Pheu Thai Partei, die nicht nur keinen Erdrutschsieg errin­gen kon­nte, son­dern auch das Ren­nen gegen die Move For­ward Par­ty (MFP), ihren Ver­bün­de­ten aus dem selb­ster­nan­nten pro-demokratis­chen Lager, verlor.

Pita: Harte Koali­tion­s­ge­spräche ste­hen bevor

Die Pheu Thai, die nach den inof­fiziellen Wahlergeb­nis­sen mit 141 Sitzen im Repräsen­tan­ten­haus den zweit­en Platz belegte, veröf­fentlichte eine Erk­lärung, in der sie den Antrag der MFP auf Bil­dung ein­er Koali­tion unterstützt.

Die MFP, die 152 Sitze im Repräsen­tan­ten­haus errang, schlug vor, eine Regierung aus acht Parteien, darunter Pheu Thai, mit MFP-Chef Pita Lim­jaroen­rat als Pre­mier­min­is­ter zu bilden.

Beobachter gehen jedoch davon aus, dass der Ver­such der MFP, eine Koali­tion zu bilden, nicht rei­bungs­los ver­laufen wird. Die erste große Hürde, die es zu nehmen gilt, ist der 250 Mit­glieder zäh­lende Sen­at, der zusam­men mit den 500 Abge­ord­neten den Pre­mier­min­is­ter wählen kann.

Die auf­strebende MFP-geführte Koali­tion hat zwar 313 Sitze im Repräsen­tan­ten­haus und damit die Mehrheit der Stim­men auf sich vere­inigt, benötigt aber immer noch min­destens 376 Stim­men von Abge­ord­neten und Sen­a­toren, um die Ernen­nung von Pita zum näch­sten Regierungschef des Lan­des zu erreichen.

Par­it Wacha­rasind­hu, der poli­tis­che Kam­pag­nen­leit­er der MFP, hat einen offe­nen Brief an den Sen­at gerichtet, in dem er ihn auf­fordert, einen Pre­mier­min­is­terkan­di­dat­en der Mehrheitspartei zu unter­stützen. Der Brief enthält die Namen von mehr als 60 Sen­a­toren, die zuvor für die Abschaf­fung des Para­graphen 272 der Ver­fas­sung ges­timmt hat­ten, der den vom Mil­itär ernan­nten Sen­at ermächtigt, gemein­sam mit den Abge­ord­neten über den Pre­mier­min­is­ter abzustimmen.

Die Pheu Thai hat ihren guten Willen im Machtkampf der MFP unter Beweis gestellt.

Sret­tha Thav­isin, ein Kan­di­dat der Pheu Thai für das Amt des Pre­mier­min­is­ters, forderte diese Woche die anderen Parteien, ins­beson­dere Bhum­jaithai und die Demokrat­en, auf, Her­rn Pita als Pre­mier­min­is­ter zu unter­stützen. Wenn sich bei­de Parteien hin­ter Pita stellen, wird es keine Rolle mehr spie­len, wie die Sen­a­toren ihre Stim­men abgeben.

Ein weit­eres Hin­der­nis, und möglicher­weise das schw­er­ste, ist die Pheu Thai-Partei, die nach Ansicht poli­tis­ch­er Beobachter in den Koali­tion­s­ge­sprächen hart ver­han­deln wird.

Die Pheu Thai hat die Poli­tik seit ihrer Grün­dung als Thai Rak Thai mit vier Pre­mier­min­is­tern — Thaksin Shi­nawa­tra, Samak Sun­dar­avej, Som­chai Wong­sawat und Yingluck Shi­nawa­tra — dominiert. Die MFP sollte sich auf schwierige Ver­hand­lun­gen einstellen.

Außer­dem ist es die MFP, die Pheu Thai zur Regierungs­bil­dung braucht, nicht umgekehrt. Die MFP hat die anderen Parteien auf ihrem Weg zum Sieg ver­prellt, und ihre Anhänger haben sie ange­blich dazu gedrängt, für Pita zu stimmen.

Kan­chana Sil­pa-aracha, der Chef­ber­ater der Chart­thaipat­tana-Partei, wandte sich an Face­book, um eine unge­nan­nte Partei, von der man annimmt, dass es sich um die MFP han­delt, dafür zu beschimpfen, dass sie soziale Medi­en nutzt, um andere unter Druck zu setzen.

In der Demokratie geht es darum, auf die Mehrheit zu hören und gle­ichzeit­ig abwe­ichende Mei­n­un­gen zu respek­tieren. Ihr benutzt das Werkzeug, mit dem ihr gut umge­hen kön­nt, um uns unter Druck zu set­zen. Eure Art von Demokratie ist eine Dik­tatur. Wir kön­nen für uns selb­st denken. Ihr kön­nt uns nicht beherrschen”, schrieb sie.

Poli­tis­chen Beobachtern zufolge schließt die Erk­lärung der Pheu Thai, die den Ver­such der MFP, eine Regierung zu bilden, unter­stützt, nicht die Möglichkeit aus, dass die Partei ihr eigenes Bünd­nis bildet, falls die Bemühun­gen der MFP scheitern.

Bei den Wahlen 2019 bildete die Palang Pracharath Par­ty (PPRP), die den ersten Platz belegte, ein Bünd­nis und übertrug dem Demokrat­en Chuan Leek­pai das Amt des Par­la­mentspräsi­den­ten, nach­dem eine von Pheu Thai geführte Koali­tion nicht zus­tande gekom­men war.

Quellen in der Pheu Thai sagten der Bangkok Post, dass die Partei kein Prob­lem damit habe, für Her­rn Pita als Pre­mier­min­is­ter zu stim­men, dass sie aber wahrschein­lich in den ersten Gesprächen um den Posten des Par­la­mentspräsi­den­ten bit­ten werde, da der MFP ein erfahren­er Geset­zge­ber fehle, der das Amt des Chefs der Leg­isla­tive ausüben könne, und ihr Kan­di­dat von den Geset­zge­bern wahrschein­lich gemieden werde.

Die Pheu Thai wird wahrschein­lich die Kon­trolle über die Wirtschaft­sres­sorts wie das Finanz‑, das Verkehrs- und das Energiem­i­nis­teri­um anstreben und hat keine Ein­wände, wenn die MFP das Verteidigungs‑, das Innen- und das Außen­min­is­teri­um kon­trol­lieren möchte.

Pheu Thai-Quellen zufolge hat die MFP in ihrem Fahrplan für die ersten 100 Tage ihrer Amt­szeit ver­sprochen, die Wehrpflicht abzuschaf­fen, Wahlen für die Prov­inz­gou­verneure abzuhal­ten und eine Außen­poli­tik zu betreiben, die sich mit human­itären Prob­le­men in einem Nach­bar­land befasst, weshalb sie diese Min­is­te­rien beauf­sichti­gen sollte, um ihre Wahlver­sprechen zu erfüllen.

In Anbe­tra­cht dessen, was Pheu Thai zu ver­han­deln gedenkt, sollte es nach Ansicht poli­tis­ch­er Beobachter nicht über­raschen, wenn die Koali­tion­s­ge­spräche Zeit brauchen und sog­ar ins Stock­en geraten.

Je länger die Ver­hand­lun­gen dauern, desto wahrschein­lich­er ist es, dass Pheu Thai ver­suchen wird, ein eigenes Bünd­nis zu bilden und stattdessen die Zügel in die Hand zu nehmen, so die Beobachter.

Artikel teilen

Artikel teilen

Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Weitere Artikel

Pita limjaroenrat lernen sie thailands wahrscheinlichen naechsten anfuehrer kennen Pita Limjaroenrat: Lernen Sie Thailands (wahrscheinlichen) nächsten Anführer kennen

Der Vor­sitzende der Move For­ward Par­ty, Pita Lim­jaroen­rat, ist auf dem besten Weg, Thai­lands näch­ster Pre­mier­min­is­ter zu wer­den, nach­dem seine drei Jahre alte pro­gres­sive Partei bei den Parlamentswahl ...

mehr lesen
Mfp sieg geht in die geschichtsbuecher ein MFP-Sieg geht in die Geschichtsbücher ein

Bangkok — Der phänom­e­nale Sieg der Move For­ward Par­ty (MFP) hat ihre poli­tis­chen Geg­n­er verblüfft. Die Partei, die Reinkar­na­tion der inzwis­chen aufgelösten Future For­ward Par­ty (FFP), hat nicht nur di ...

mehr lesen