Vernachlässigte Tropenkrankheiten

Mil­lio­nen von Men­schen, vor allem in tro­pis­chen Län­dern, infizieren sich jedes Jahr mit ver­nach­läs­sigten Tropenkrankheit­en (NTD). Men­schen in Asien, Afri­ka und Lateinameri­ka sind am stärk­sten betroffen.

Der akute Man­gel an medi­zinis­ch­er Ver­sorgung für NTDs beein­trächtigt nicht nur die Leben­squal­ität der Erkrank­ten, son­dern schadet ihnen auch wirtschaftlich.

Was ist eine ver­nach­läs­sigte Tropenkrankheit?

Die Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion (WHO) hat 20 NTDs als schwächend und manch­mal tödlich für den Men­schen eingestuft, ins­beson­dere wenn sie unbe­han­delt bleiben.

Das Tra­chom beispiel­sweise, das in vie­len Regio­nen der Welt vorkommt, kann zur Erblind­ung führen.

Und die lym­phatis­che Filar­iose (Ele­fan­ti­a­sis), eine schmerzhafte und über­große Schwellung der Glied­maßen, die zu ein­er dauer­haften Entstel­lung führen kann, bet­rifft über 120 Mil­lio­nen Men­schen in 72 Ländern.

Andere Erreger wie die Cha­gas-Krankheit, die vor allem in Südameri­ka über­tra­gen wird, greifen innere Organe wie die Nieren oder die Leber an.

Sie zer­stört Ner­ven­zellen und kann mas­sive Herz­schä­den verursachen.

NTDs kön­nen leicht durch einen Mück­en­stich, einen Sand­fliegen­stich oder winzige Par­a­siten über­tra­gen wer­den, die in die Haut von ahnungslosen Schwim­mern ein­drin­gen, die zum Beispiel in einem See baden gehen.

Die großen fünf” Erreger verur­sachen etwa 90 % aller NTD-Erkrankungen:

  1. Lym­phatis­che Filar­iose (Ele­fan­ti­a­sis),
  2. Fluss­blind­heit (Onchoz­erkose)
  3. Tra­chom (bak­terielle Entzün­dung des Auges)
  4. Schis­to­so­mi­a­sis — eine chro­nis­che Krankheit, die durch Par­a­siten­würmer verur­sacht wird
  5. Helminthen- oder Wurminfektionen

Wer ist weltweit von NTDs betroffen?

Von NTDs sind rund 1,7 Mil­liar­den Men­schen in 149 Län­dern betroffen.

Weit­ere zwei Mil­liar­den Men­schen sind von ihnen bedro­ht, so das Deutsche Net­zw­erk gegen Ver­nach­läs­sigte Tropenkrankheit­en.

Schätzun­gen zufolge ster­ben jedes Jahr eine halbe Mil­lion Men­schen direkt oder indi­rekt an NTDs.

NTDs treten in allen tro­pis­chen Regio­nen der Erde auf — von Südostasien und dem Nahen Osten über Afri­ka bis nach Südamerika.

Die afrikanis­chen Län­der sind am stärk­sten betrof­fen”, sagt Jür­gen May, Leit­er der Abteilung Infek­tion­sepi­demi­olo­gie am Bern­hard-Nocht-Insti­tut für Tropen­medi­zin in Hamburg.

May, der zu glob­alen Infek­tio­nen forscht, fügte hinzu, dass Men­schen mit niedrigem Einkom­men beson­ders gefährdet sind, vor allem in ländlichen Gebi­eten, die von medi­zinis­ch­er Ver­sorgung abgeschnit­ten sind — und wo es oft nicht genü­gend sauberes Wass­er und Nahrung gibt.

Es gibt einen Teufel­skreis zwis­chen Krankheit­en, chro­nis­chen Infek­tion­skrankheit­en und Armut in diesen Län­dern”, sagte May.

Die hohen Kosten für die Behand­lung der Krankheit­en führen zu größer­er Armut.

Gle­ichzeit­ig wer­den Infek­tio­nen durch Prob­leme wie den Man­gel an sauberem Wass­er ver­schlim­mert, die Hand in Hand mit der Armut gehen, fügte May hinzu.

Wer dauer­haft krank ist, kann oft nicht mehr arbeit­en und seine Fam­i­lie versorgen.

Und die durch NTDs verur­sacht­en Behin­derun­gen führen zu weit­er­er Stig­ma­tisierung und Ausgrenzung.

Für Frauen und Kinder sind die Krankheit­en oft schlim­mer, und für viele NTDs gibt es bish­er keine kindgerecht­en Medikamente.

Warum sind NTD-Krankheit­en ver­nach­läs­sigt”?

Obwohl Mil­liar­den von Men­schen weltweit von NTDs bedro­ht sind, ist der Kampf gegen sie immer noch unterfinanziert.

Der Begriff ver­nach­läs­sigte Krankheit­en” zeige, wie schwierig es ist, ein Bewusst­sein für NTDs zu schaf­fen”, sowie für die ver­nach­läs­sigten Bevölkerungs­grup­pen, die am meis­ten lei­den”, so May.

Men­schen in ländlichen Gebi­eten sowie Bewohn­er armer Stadtvier­tel wer­den vom Geset­zge­ber oft nicht als vor­rangig eingestuft.

Generell fehlt es an dem Bewusst­sein, dass diese Krankheit­en schw­er­wiegend und chro­nisch sind.

Die COVID-19-Pan­demie habe in vie­len afrikanis­chen Län­dern zu großen Rückschlä­gen bei der NTD-Bekämp­fung geführt, weil Mil­lio­nen von Medika­menten nicht mehr an die Betrof­fe­nen verteilt wer­den konnten.

In vie­len tro­pis­chen Län­dern seien die Fol­gen von Coro­n­avirus-Infek­tio­nen nicht so schlimm gewe­sen wie die Fol­gen von NTDs, fügte May hinzu.

Ver­bre­it­en sich Tropenkrankheit­en auf­grund des Klimawandels?

NTDs sind vor allem in tro­pis­chen Regio­nen ver­bre­it­et, aber der Kli­mawan­del und der glob­ale Rei­sev­erkehr haben dazu beige­tra­gen, dass sie sich auch in Europa und Nor­dameri­ka ausbreiten.

Das durch Mück­en über­tra­gene Dengue-Fieber beispiel­sweise ist nicht nur in Afri­ka, Südostasien und Südameri­ka ver­bre­it­et, son­dern hat inzwis­chen auch den Mit­telmeer­raum und Südeu­ropa erre­icht, so May.

Auch in afrikanis­chen Län­dern, in denen die Krankheit­en früher haupt­säch­lich die Land­bevölkerung betrafen, sind jet­zt mehr Gebi­ete gefährdet.

Die steigen­den Tem­per­a­turen, die durch den vom Men­schen verur­sacht­en Kli­mawan­del verur­sacht wer­den, haben auch Auswirkun­gen auf die Insek­ten, die Krankheit­ser­reger übertragen.

May erläuterte, wie die glob­ale Erwär­mung die Moski­tos in höhere Lagen getrieben hat, wo größere afrikanis­che Städte wie Nairo­bi in Kenia, Addis Abe­ba in Äthiopi­en oder Antana­nari­vo in Mada­gaskar nun die Aus­bre­itung von Krankheit­en beobachten.

Auch in Nor­dameri­ka und Mit­teleu­ropa nehmen die Fälle von Tropenkrankheit­en auf­grund des Kli­mawan­dels zu.

Das West-Nil-Virus ist streng genom­men keine NTD, taucht aber seit 2018 regelmäßig in Deutsch­land auf, so May.

Auch in den USA hat es sich auf­grund der wärmeren Tem­per­a­turen ausgebreitet.

Was ist der näch­ste Schritt im Kampf gegen NTDs?

Bis 2030 will die WHO die ver­nach­läs­sigten Tropenkrankheit­en durch die inter­na­tionale Zusam­me­nar­beit von Hil­f­sor­gan­i­sa­tio­nen, Medi­zin­ern, Regierun­gen und der Phar­main­dus­trie weltweit weit­ge­hend eindämmen.

Dies ist sicher­lich ein ehrgeiziges Ziel und wird schwierig sein”, so May.

Experten befürcht­en, dass andere Krisen — von der COVID-Pan­demie bis zur Inva­sion in der Ukraine — den Kampf gegen NTDs verzögern werden.

May fügte jedoch hinzu, dass wir ehrgeizige Ziele brauchen”, um Maß­nah­men zur Kon­trolle, Eli­m­inierung oder Aus­rot­tung” von NTDs anzuregen.

Auch die jüng­sten Erfolge geben Anlass zur Hoff­nung, so May.

Krankheit­en wie die Fluss­blind­heit und die durch Tra­chom-Infek­tio­nen bed­ingte Blind­heit sind dank ein­er verbesserten Gesund­heit­serziehung und ein­er geziel­ten Bere­it­stel­lung von Medika­menten viel sel­tener geworden.

Und die früher weit ver­bre­it­ete und tödlich ver­laufende Schlafkrankheit kon­nte dank der Entwick­lung eines neuen Medika­ments fast voll­ständig besiegt werden.

Um gute Diag­nos­ti­ka, Medika­mente und in eini­gen Fällen auch Impf­stoffe zu entwick­eln, sind jedoch weltweit mehr Mit­tel und ein stärk­eres Engage­ment der Regierun­gen erforderlich.

So hat sich Deutsch­land vor einem Jahr der Kigali-Erk­lärung zu ver­nach­läs­sigten Tropenkrankheit­en angeschlossen.

Jet­zt fordern auch Hil­f­sor­gan­i­sa­tio­nen und Gesund­heit­sex­perten mehr Geld für NTD-Pro­gramme, bevor die Kli­makrise die ver­heeren­den Auswirkun­gen dieser Krankheit­en noch verschlimmert.

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