Es war ein heißer Nachmittag in Bangkok, die Luft war erfüllt vom Duft scharfer Gewürze und dem Summen der Straßenhändler. Inmitten des geschäftigen Treibens wirkte ein Mann wie ein Geist, der aus einer anderen Welt zu kommen schien. Seine Kleidung war zerknittert und abgenutzt, seine Haare wirr. Mit ausgetretenen Schuhen und einem abwesenden Blick wanderte er ziellos durch die belebten Straßen.
Er sprach kaum ein Wort, außer wenn er sich zaghaft an Passanten wandte und um ein wenig Geld oder Essen bat. Er fiel auf, nicht nur wegen seines europäischen Aussehens, sondern auch wegen der Tiefe der Verzweiflung in seinen Augen. Sein Name war Mark, doch da ihn niemand danach fragte, blieb er für die meisten nur “der Fremde”.
Marks Visum war seit Monaten abgelaufen, ein Umstand, der ihm große Sorgen bereitete. Die thailändische Bürokratie war rigide, und die Strafen für ein überzogenes Visum konnten drakonisch sein. Die letzten Ersparnisse hatte er an einen betrügerischen Agenten verloren, der ihm versprach, die Visafrage zu lösen. Stattdessen war Mark nun auf der Straße – ohne Geld, ohne Freunde und ohne Hoffnung.
Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Kontakt zu seiner Familie in Europa hatte. Aus Angst, abgewiesen zu werden, hatte er sie nicht um Hilfe gebeten. Seine Staatsangehörigkeit war unklar. Geboren in einem kleinen Dorf, hatte er den bürokratischen Papierkram nie wirklich ernst genommen. Er kam sich vor, als gehöre er nirgendwohin.
Die Tage vergingen, und Mark fand sich mehr und mehr am Rande der Gesellschaft wieder. Er lernte, wo er am besten schlafen konnte, wo es manchmal eine warme Mahlzeit gab und welche Polizeistreifen er meiden musste. Es dauerte nicht lange, bis sich in ihm eine stille Resignation breit machte. Die ehemals so farbenfrohe Stadt Bangkok nahm in seinen Augen immer mehr die Gestalt eines grauen, undurchdringlichen Labyrinths an.
Eines Abends, als Mark in einer dunklen Ecke eines Tempels Unterschlupf suchte, setzte sich ein älterer Mönch zu ihm. Der Mönch erkundigte sich nach seiner Geschichte und lauschte geduldig. In Marks Augen blitzte für einen Moment Hoffnung auf. Der Mönch sprach von einem Ort, an dem Mark Hilfe finden könnte, einem internationalen Zentrum für gestrandete Ausländer.
Am nächsten Morgen fand Mark den Mut, dem Hinweis des Mönchs zu folgen. Nach einem langen Fußmarsch durch die chaotischen Straßen Bangkoks stand er schließlich vor einer schlichten Tür mit dem schlichten Schild „Internationale Hilfe“.
Was hinter dieser Tür auf ihn wartete – eine Lösung seiner Visaprobleme, eine Möglichkeit zur Rückkehr, oder gar eine neue Zukunft in Thailand – blieb ungewiss. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit spürte Mark ein Fünkchen Hoffnung in sich.
* Anmerkung der Redaktion. Wir bekamen diesen Leserbrief eines Freundes der geschilderten Person, mit der Bitte um Veröffentlichung.
* Mark soll sich seit längerem in Laos aufhalten.